Das Deutsche Zentrum für Musiktherapieforschung (Viktor Dulger
Institut) DZM erprobt eine neuartige musiktherapeutische
Behandlungsmethode bei chronischem Tinnitus. In Zusammenarbeit mit
der Neurologischen Klinik und der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der
Universität Heidelberg sowie der Musiktherapeutischen Ambulanz der
Fachhochschule Heidelberg soll untersucht werden, inwieweit eine
ursachenbezogene Behandlung bei den Betroffenen zu einer
Verbesserung der Erkrankung führt. Prognosen zufolge werden 35 bis
40 Prozent aller Erwachsenen einmal von einem vorübergehenden oder
andauernden Ohrengeräusch betroffen sein.
Die Pilotstudie setzt auf eine ursachenbezogene Behandlung des
Tinnitus. Kernstück des musiktherapeutischen Behandlungskonzepts ist
die Einbettung des Tinnitus in einen musikalisch steuerbaren
Hörprozess. Dazu wird zu Beginn der Therapie für jeden Patienten mit
einem Synthesizer ein individueller tinnitus-ähnlicher Klang
erstellt. Dieser wird dann aktiv und/oder rezeptiv
musiktherapeutisch eingesetzt, beispielsweise als Grundlage für
freie Improvisationen oder als Teil von Entspannungsmusik, berichtet
das DZM. Die Patienten sollen dadurch in die Lage versetzt werden,
Kontrolle über ihren Tinnitus auszuüben und ihn bewusst steuern zu
können. Darüber hinaus sollen die wiederholten, gezielten
musikalischen Hörübungen die veränderten Gehirnregionen positiv
beeinflussen und zu einer "Normalisierung" führen. Ziel ist damit
auch eine Verbesserung hirnorganischer Veränderungen.
Die Ergebnisse aus den ersten Probetherapien zeigen ermutigende
Erfolge. Chronischer Tinnitus kann bei den Betroffenen zu
psychosomatischen Krankheitsbildern führen. Die ständige Wahrnehmung
der Ohrgeräusche beziehungsweise die Konzentration darauf kann
Stressreaktionen auslösen. Tinnitus gehört heute zu den häufigsten
Erkrankungen im HNO-Bereich. Fast ein Viertel der deutschen
Bevölkerung hat bereits einmal unter Tinnitus gelitten. Die Tendenz
ist steigend. Wenn die Ohrgeräusche kontinuierlich länger als drei
Monate anhalten, wird der Tinnitus als chronisch bezeichnet. Zurzeit
leiden in Deutschland 2,7 Mio. Menschen unter solchen chronischen
Ohrgeräuschen. Jährlich steigt die Zahl um weitere 250.000.